Sportrecht: Konnte Oliver Kahn aus dem Vorstand entlassen werden?

Die Saison 2022/23 in der Fußball-Bundesliga ist vorbei, und der FC Bayern München hat es zum elften Mal in Folge geschafft, den Titel zu gewinnen. In einem hoch spannenden Finale zogen sie am letzten Spieltag noch an Borussia Dortmund (BVB) vorbei. Trotz des Erfolgs wurde Oliver Kahn als Vorstand vom FC Bayern München – wie kicker berichtet – entlassen.

Die Entlassung von Oliver Kahn und die Zuständigkeit nach sportrechtlichen Gesichtspunkten

Die Entlassung von Oliver Kahn wurde nicht vom FC Bayern München e.V. (eingetragener Verein) vorgenommen, wie man vielleicht denken könnte. Tatsächlich hat die FC Bayern München Aktiengesellschaft (AG) Kahn „entlassen“. Die Aktionäre haben keine unmittelbare Entscheidungsbefugnis in Bezug auf die Abberufung oder Kündigung von Vorstandsmitgliedern. Die Entscheidungsgewalt liegt allein beim Aufsichtsrat der FC Bayern München AG, der Oliver Kahn als Vorstand abberufen und vermutlich seinen Anstellungsvertrag fristlos gekündigt hat.

Wie ist die rechtliche Lage? Konnte Oliver Kahn aus dem Vorstand entlassen werden?

Oliver Kahn wird keine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben, da er – im Gegensatz zu seiner Zeit als Fußballspieler – kein Arbeitnehmer ist und somit keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießt. Im Unterschied zu einem GmbH-Geschäftsführer kann ein Vorstandsmitglied einer AG aber auch nicht einfach so abberufen werden.

Der Aufsichtsrat einer AG kann ein Vorstandsmitglied nur abberufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wie es in § 84 Abs. 4 des Aktiengesetzes (AktG) festgelegt ist.

Ein solcher wichtiger Grund kann eine grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder der Vertrauensentzug durch die Aktionäre (Hauptversammlung) sein.

Rechtliche Möglichkeiten von Oliver Kahn im Rahmen des Sportrechts

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Goldhammer kommt hier nur eine mutmaßliche grobe Pflichtverletzung in Betracht. Aktuell gibt es jedoch keine Hinweise auf eine solche „grobe Pflichtverletzung“. Der sportliche Misserfolg des FC Bayern München e.V. allein reicht nach Ansicht von Rechtsanwalt Goldhammer nicht aus. Obwohl Oliver Kahn keine Kündigungsschutzklage nach dem KSchG einreichen kann, besteht die Möglichkeit, dass er vor dem Landgericht feststellen lässt, dass die Abberufung aufgrund fehlenden wichtigen Grundes unwirksam ist.

Wichtig! Gemäß § 84 Abs. 4 Satz 4 AktG bleibt die Abberufung so lange wirksam, bis eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung vorliegt!

Im Kern der Entlassung von Oliver Kahn aus dem Vorstand des FC Bayern München geht es um die Durchsetzung der Vorstandsvergütung aus dem Vorstandsvertrag. Wenn die Kündigung des Vorstandsvertrags unwirksam war, muss Oliver Kahn für die volle Vertragslaufzeit bezahlt werden. In der Regel bestellen Aufsichtsräte Vorstandsmitglieder für die maximale Dauer von fünf Jahren. Rechtsanwalt Goldhammer ist der Ansicht, dass Aufsichtsräte immer in Betracht ziehen sollten, Vorstände – insbesondere bei Erstbestellungen – für eine kürzere Zeit als fünf Jahre zu bestellen. In der Praxis wird häufig mit sogenannten Kopplungsklauseln gearbeitet, bei denen die Laufzeit des Vorstandsvertrags an die Vorstandsbestellung gekoppelt wird. Solche Klauseln sind jedoch rechtlich unsicher und nicht selten unwirksam.

Ob Oliver Kahn Klage vor dem Landgericht erheben wird oder ob er sich außergerichtlich mit dem FC Bayern München geräuschlos einigt, bleibt abzuwarten.